Erneuerbare Energien bei Immobilien: Worauf sollten Sie Ihr Augenmerk richten?

Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamt von Ende 2020 beträgt die Gesamtzahl der Wohnungen in Deutschland rund 42,8 Millionen. Diese wenden 83 Prozent der Energie für Heizung und Warmwasser auf – die derzeit noch größtenteils durch das Verbrennen der fossilen Brennstoffe Kohle, Öl und Gas produziert werden. Deshalb zielt der neue Gesetzentwurf der Bundesregierung darauf, dass Freisetzen von Treibhausgasen zu stoppen – durch einen noch ambitionierteren Ausbau erneuerbarer Energien. Der ehrgeizige Plan: Deutschland soll bis 2030 rund 65 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990 – obendrein soll die Klimaneutralität bereits 2045 statt 2050 erreicht werden. Das alles hat Auswirkungen auf Bestandsimmobilien und erst recht auf Neubauten. 

Nachhaltigkeit zählt
Private Haushalte zählen in Deutschland neben Verkehr, Industrie sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen zu den wichtigsten Sektoren des Energieverbrauchs – und genau hier stehen in den kommenden Jahren große Kraftanstrengungen an. Schließlich ist seit Beginn der 90er Jahre der Endenergieverbrauch in Deutschland kaum gesunken. Sektoral betrachtet ist trotz steigender Energieeffizienz der Energieverbrauch im Verkehr sowie in den privaten Haushalten jeweils leicht gestiegen – bei letzterem macht die Raumwärme mittlerweile gut 70 % des Energieverbrauchs aus, da über die Jahre die zu beheizende Wohnfläche insgesamt zugenommen hat. Die Folge sind stetig neue Auflagen und Gesetze, die es für uns als Bauträger genauso wie für Sie als möglichen Kaufinteressent zu kennen und zu beachten gilt.

Trockene Materie
Eigentlich selbstverständlich, dass sich ein Bauträger mit energetischen Vorgaben für Gebäude bestens auskennt – aber auskennen und anwenden sind oftmals zwei Paar Schuhe. Nehmen wir das Gebäudeenergiegesetz (GEG), welches im November 2020 in Kraft trat und die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV), des Energieeinsparungsgesetz (EnEG) sowie das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) ablöste samt deren Inhalte zu einer Vorschrift verband. Ziel des GEG ist ein möglichst sparsamer Einsatz von Energie in Gebäuden einschließlich zunehmender Nutzung erneuerbarer Energien zur Erzeugung von Wärme, Kälte und Strom im Gebäudebetrieb. Würde sich beim Bau eines neuen Hauses jedoch nur auf die Mindeststandards des GEG beschränkt werden, wie es manche Firmen tun, könnten Neubauten bereits kurz nach Fertigstellung bautechnisch überholt sein – deshalb betrachten wir das Thema holistischer und das sollten Sie auch.

Veränderte Gesetzeslage
Zu einer ganzheitlichen Betrachtung gehört zum Beispiel, dass das im Juli dieses Jahres vom Bundestag beschlossene „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor“ Beachtung findet. Durch dieses Gesetzespaket gibt es Änderungen am GEG: So war bei der Einführung die Anhebung des Neubaustandard zum „Effizienzhaus 55“ vorgesehen – mit der nun Anfang 2023 in Kraft tretenden GEG-Novelle wird das zur Vorschrift. Zugleich orientiert sich der Mindeststandard für Neubauten nicht mehr an der ausgelaufenen Bundesförderung für effiziente Gebäude „Effizienzhaus 55“, sondern am zulässigen Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes. Das heißt, wer neu baut, dem wird nun ein maximaler jährlichen Energiebedarf vorgeschrieben, den die Immobilie nicht überschreiten darf. Dieser wird als Jahres-Primärenergiebedarf bezeichnet und in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/m2a) angegeben. Diese Kilowattstunde ist die übliche Einheit zur Messung sowohl des Strom- als auch des Heizwärmeverbrauchs. Zur einfachen Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarf in Abhängigkeit von den eingesetzten Energieträgern sind verschiedene Primärenergiefaktoren vorgesehen: Zum Beispiel wird bei Heizöl und Erdgas/Flüssiggas der Endenergiebedarf mit dem Faktor 1,1, bei Holz mit dem deutlich geringeren Faktor 0,2 multipliziert. Bei Netzstrom aus nicht erneuerbaren Quellen liegt der Faktor bei 1,8, bei Strom aus erneuerbaren Energien beim Faktor Null genauso wie bei wie Erdwärme, Geothermie oder Solarthermie und Windenergie, soweit er gebäudenah erzeugt wird. Letztlich kann durch den Einsatz erneuerbarer Energiequellen der rechnerische Primärenergiebedarf für ein Gebäude stark minimiert und somit können zukünftig neben Dämm-Maßnahmen vor allem Wärmepumpen sowie Photovoltaik-Anlagen als wichtigstes Mittel zur Zielerreichung gezählt werden.

Steigende Abgaben
Zur neuen Gesetzeslage kommt hinzu, dass Unternehmen, die mit Heizöl, Erdgas, Benzin oder Diesel handeln, bereits seit Januar letzten Jahres einen CO2-Preis bezahlen müssen. Für Treibhausgase, die ihre Produkte verursachten, erwerben sie seitdem Emissionsrechte in Form von Zertifikaten über den damals geschaffenen nationalen Emissionshandel, da der bereits bestehende europäische Emissionshandel die Bereiche Wärme und Verkehr nicht abdeckte und nur für die Energiewirtschaft, die Industrie und den innereuropäischen Luftverkehr galt. Seitdem fallen für alle fossilen Brennstoffen – da die Emissionskosten an die Endkunden weitergegeben werden – automatisch höhere Kosten an. Und diese steigen, losgelöst von weltpolitischen Ereignissen, hierzulande von Jahr zu Jahr: Bei der Einführung betrug der Zertifikat-Preis je Tonne 25 Euro, jetzt im Jahr 2022 bereits 30 Euro und bis 2025 soll sich der Preis schrittweise auf bis zu 55 Euro je Tonne erhöhen. Ab 2026 wird dann ein Preiskorridor von mindestens 55 bis maximal 65 Euro angestrebt. Entlastungen? Sind nur für Mieter geplant: Die Bundesregierung hat ab 2023 ein Stufenmodell beschlossen, bei dem die durch diese „CO2-Steuer“ entstehenden Mehrkosten zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt werden. Heißt grundsätzlich: Aufgrund der sich ändernden Rahmenbedingungen müssen Neubauten immer einen niedrigen Energiebedarf haben und erneuerbare Energien optimal nutzen. Darauf zu achten, macht sich in jedem Fall bezahlt – egal, ob man ein Objekt zur Vermietung oder zur Eigennutzung erwerben möchte.

Welche Heiz- und Warmwassersystem ist zukunftsfähig?
Laut einem aktuellen Bericht des Statistischen Bundesamts von 2020 wurden erstmals über die Hälfte aller Neubauten in Deutschland mit Anlagen ausgerüstet, die nicht zusätzlich, sondern überwiegend mit erneuerbaren Energiequellen arbeiten – also Wärmepumpen, Solarthermie, Holz, Biogas oder Biomasse. An erster Stelle steht hierbei die Wärmepumpe, gefolgt von Solarthermie und Holz. Doch welche Energiequelle für eine Heiz- und Warmwassersystem in Frage kommt, entscheiden über den reinen Kostenaspekte hinaus noch weitere Anhaltspunkte: Etwa die Lage der Immobilie, die Größenverhältnisse oder der Platzbedarf der präferierten Anlage – so braucht beispielsweise ein System mit Holzpellets einen extra Lagerraum für den „Brennstoff“. Die Frage nach einem zukunftsfähigen System lässt sich also nicht mit X oder Y beantworten, sondern ist von Fall zu Fall zu entscheiden.

Was kommt in Betracht?
Wärmepumpen nutzen die in der Luft oder im Boden befindliche Wärme – allerdings haben sie einem elektrischen Kompressor, weshalb eine Photovoltaikanlage samt Speicherbatterie die beste Kombination ist, um eine gute Emissionsbilanz zu erreichen. 

Solarthermie heizt mit der Kraft der Sonne und erwärmt gleichzeitig das Trink- und Gebrauchswasser. Durch Pufferspeicher kann die Wärme der Anlage noch effizienter genutzt und gespeichert werden, doch fällt die Wärmeausbeute im Winter geringer aus.

Pelletheizungen sind mittlerweile als alleiniges Heizsystem nur noch bedingt eine zukunftsfähige Alternative, auch wenn sie besser als Anlagen mit fossilen Brennstoffen sind. Eine solche Anlage läuft weitestgehend automatisch, jedoch nimmt das Brennmaterial viel Platz ein. Abgesehen davon, dass bei den Pellets auf die Zertifizierung des Brennholzes geachtet werden sollte, sind die Preise für Pellets in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Blockheizkraftwerke sind in der Industrie bereits länger im Einsatz. Mithilfe von Gasturbinen oder Verbrennungsmotoren erzeugen sie Strom, dessen Abwärme für das Beheizen genutzt werden kann. Für Privathaushalte mag das zunächst verlockend klingen, damit sich das aber rechnet, muss der Wärmebedarf recht hoch sein – was meist nur in größeren Mehrfamilienhäusern der Fall ist.

Hybridheizungen kombinieren mehrere hier beschriebene Systeme, um einerseits deren Vorteile zu nutzen und andererseits vorhandene einzelne Defizite auszugleichen. Im Zentrum der Systeme steht ein Pufferspeicher, bei dem ein eventueller Wärmeüberschuss eingespeist und zu einem späteren Zeitpunkt genutzt werden kann.

Brennstoffzellen mögen auf den ersten Blick als das System für die Zukunft gelten, allerdings ist die Technik für Privathaushalte noch nicht ganz ausgereift. Die Erzeugung von Wärme, Warmwasser und Strom erfolgt hier durch eine chemische Reaktion von Sauer- und Wasserstoff. Abhängig von den baulichen Gegebenheiten wird der Wasserstoff in einem Tank vor dem Haus gespeichert oder über ein Wasserstoffnetz eingespeist.

Worauf sollten Sie Ihr Augenmerk richten?

Spätestens ab 1. Januar 2025 wird der Einbau einer Öl- oder Gasheizung als alleiniges „Heizungsgerät“ in Deutschland praktisch verboten sein, denn jedes neue System muss dann mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Abgesehen davon würde sich das aufgrund der durch die steigenden CO2-Steuer entstehenden Mehrkosten auch nicht mehr rechnen. Deshalb beispielsweise auf Wasserstoff zu setzen, ist derzeit aber auch noch keine perfekte Lösung: Hier kann der Energiebedarf in Spitzenlastzeiten meist nicht komplett abgedeckt werden – etwa beim Strom, wenn mehrere große Haushaltsgeräte auf einmal in Betrieb sind oder die Brennstoffzelle in der kalten Jahreszeit zu wenig Wärme erzeugt. In der Regel muss dann eine Gas-Brennwertheizung als Ergänzung zugeschaltet werden. Außerdem existiert noch kein richtiges Wasserstoffnetz und diese Systeme sind noch unverhältnismäßig teuer. Kurzum: Selbst uns als erfahrener Bauträger fällt es schwer, allgemeinverbindliche Empfehlung zu geben. Machen Sie es deshalb so wie wir: Richten Sie Ihr Augenmerk immer auf die allerneusten Auflagen und Gesetze sowie den Stand der Technik. So treffen Sie unter dem Aspekt Nachhaltigkeit, Effizienz und Kosten sicher die zukunftssicherste Entscheidung.

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