Entwässerung rund ums Haus: 

Zu viel ist genauso schlecht wie zu wenig.

Überflutete Wohngegend

Aufgrund der diesjährigen Dürreperiode mag es kaum vorstellbar sein, dass heutzutage auch mit erhöhten Wassermassen auf Grundstücken gerechnet werden muss. Ob durch Gewitterregen im Frühjahr, Dauerregen im Herbst oder extreme Schneeverhältnisse im Winter – die Entwässerung von Haus und Grundstück kann schnell an seine Grenzen kommen. Sind beispielsweise die Dachrinnen nicht fachgerecht auf die Dachflächen abgestimmt oder das Grundstück komplett versiegelt, sind Feuchtigkeitsschäden vorprogrammiert. Da Wasser aber zeitgleich eine immer knapper werdende Ressource ist, steigen die Auflagen der Kommunen. Wer da nicht auf dem Laufenden ist, geht „baden“. 

Wo liegt das Problem?
Momentan richten die meisten Bauherren ihren Fokus überwiegend auf Energieverbrauch und -einsparung. Dabei zeichnet sich bereits ein weiteres Thema ab, das in den nächsten Jahren unweigerlich zum Problem wird: Wasser! Denn zu viel davon auf einem Grundstück ist genauso schlecht wie zu wenig. Während sicher sofort einleuchtet, warum „zu viel davon“ zum Problem werden kann, wirft „zu wenig davon“ bei vielen noch eher Fragezeichen auf. Dabei ist bereits absehbar, dass angesichts des Klimawandels sowohl die saisonale als auch regionale Wasserknappheit in Deutschland zunehmen wird. Als Bauträger planen wir deshalb bereits das Thema Wasser bei unseren Objekten zukunftsorientiert ein… und das sollten Sie auch. Denn was übermäßig verbraucht und gleichzeitig knapp wird sowie dabei auch noch parallel viel nachgefragt ist, wird zwangsläufig in Zukunft zu Problemen führen.

Wem gehört das Wasser?
Die Grundregel ist einfach: In Deutschland gehört Grundwasser zu dem Grundstück, welches darüber liegt. Doch ab hier wird es kompliziert: Das Eigentumsrecht wird durch verschiedene Gesetze stark beschränkt, so dass von der Grundregel eigentlich nichts mehr übrigbleibt. Letztlich darf niemand sein Eigentum am Wasser ausüben, ohne eine Erlaubnis zu erhalten. Somit gehört Wasser vereinfacht gesagt der Allgemeinheit und der Umgang damit wird von Staats wegen durch die öffentlich-rechtliche Nutzungsordnung, dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG), geregelt. 

Gesetze über Gesetze
Das WHG bildet den Hauptteil des deutschen Wasserrechts – und zählt zu den Gebieten der konkurrierenden Gesetzgebung: Sowohl der Staat als auch die 16 Bundesländer verfügen über Gesetzgebungskompetenz auf demselben Rechtsgebiet und es gilt jeweils abzuklären, wer es wahrnimmt. Für Grundstücksbesitzer spielt das aber keine Rolle, wer hier das letzte Wort hat. Entscheidend ist: Das deutsche Wasserrecht regelt alles, um die teils mit sich konkurrierenden Nutzungs- und Schutzinteressen im Sinne der Allgemeinheit „unter einen Hut zu bringen“. Deshalb reicht es von Bestimmungen zum Grundwasser und dem Schutz und die Nutzung von Oberflächengewässern über Vorschriften zum Ausbau von Gewässern und die wasserwirtschaftliche Planung bis hin zum Hochwasserschutz.

Stadt, Land, Fluss
In städtischen Regionen ist es noch üblich, dass Regen – sogenanntes Niederschlagswasser – über Dachrinnen und Fallrohre direkt in die Kanalisation geleitet wird. Dadurch können Grundstücke zwar nicht „absaufen“, infolgedessen vermischt sich aber Regenwasser mit schmutzigem Abwasser. In den Kläranlagen muss das dann wieder auf Trinkwasser-Niveau aufbereitet werden. Abgesehen von den Kosten, die Eigentümer wie Mieter anhand ihres Wasserverbrauchs und Abwasser zahlen müssen, ist das obendrein ein Verlustgeschäft mit negativen Folgen für Natur und Landwirtschaft: Wird Niederschlagswasser dem natürlichen Wasserkreislauf entnommen, sinkt der Grundwasserspiegel. Ist der unterirdische Wasserpegel niedrig, gelangt vermehrt belastetes Oberflächenwasser aus Bächen und Flüssen ins Grundwasser, wodurch wiederum unser Trinkwasser und die Grundwasserökosysteme gefährdet sind. Ein Teufelskreislauf, für den es aus Sicht der Wissenschaft nur eine Lösung gibt: Der Wasserverbrauch muss industriell wie privat gesenkt werden, um weniger Grundwasser fördern zu müssen. In ländlichen Wohngebieten ist man dazu schon weiter: Grundstücksbesitzer werden hier beim Thema Wasser viel stärker zur Verantwortung gezogen. Je mehr ein Grundstück versiegelt ist, desto mehr muss in der Regel auch an Niederschlagswassergebühren gezahlt werden. Dadurch wird der Anreiz geweckt, in Versickerungsanlagen zu investieren – was Abwassergebühren spart, ein Austrocknen des Bodens verhindert und gleichzeitiger die Kanalisation entlastet. Letzteres sorgt also auch dafür, dass weniger Keller „volllaufen“ und Straßen überspült werden.

Sinkt das Grundwasser?
Wer nun denkt, dass alles halb so schlimm ist, der täuscht sich. Im Frühjahr 2022 lieferten Daten der Grace-Satellitenmission, einem Forschungsprojekt von NASA und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), alarmierende Aussagen: Deutschland hat in den vergangenen 20 Jahren 2,5 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr aus Böden, Vegetation, Gewässern und Grundwasser verloren – insgesamt etwa so viel wie die Wassermenge des Bodensees. Deutschland zählt damit zu einer der weltweiten Regionen mit dem höchsten Wasserverlust! 

Bodenerosion und Überschwemmung
Auch wenn die detaillierte Auswertung dieser Daten noch nicht veröffentlicht wurde und die Hauptursachen der Klimawandel sein dürfte, baut darauf bereits ein weiteres Dilemma auf: In den letzten vier heißen und regenarmen Jahren sind die Böden in Deutschland extrem ausgetrocknet und daran wird sich vermutlich auch in Zukunft nichts ändern. Zwar kann die langfristige Entwicklung nur schwer vorhergesagt werden, aber es ist generell unstrittig, dass die Wasserverfügbarkeit der Böden in Deutschland zu niedrig ist. Kurioserweise führt Regen zu noch mehr Trockenheit: Der Niederschlag fällt vermehrt als Starkregen – und den nehmen ausgetrocknete Böden weniger gut auf. Trockene und verkrustete Oberflächen lassen das Wasser meist schon an der Oberfläche abfließen – auf Feldern trägt das den Boden ab und es kommt zu Bodenerosion. Und als wäre das nicht schon problematisch genug, führt Starkregen in abschüssigen Gebieten auch noch zu Sturzfluten und Überschwemmungen.

Auswirkungen betreffen uns alle
Eigentlich muss nur 1 und 1 zusammengezählt werden: So gut wie alle Klimaszenarien und Modellrechnungen sagen voraus, dass die Klimaveränderungen in Deutschland zukünftig vermehrt zu extremen Wetterereignissen führen werden. Da den Böden bereits zu wenig Niederschlagswasser zugeführt wird und sie bei Starkregen zu wenig aufnehmen können, sinkt der Grundwasserspiegel weiter ab. Obwohl noch unklar ist, welche Klimawandel-Effekte überwiegen werden, unterstreicht das nach Ansicht von Wissenschaftlern, dass sich Deutschland im Hinblick auf Wasser auf Veränderungen einstellen muss – denn die von Menschen verursachte Faktoren, wie etwa eine steigende Wasserentnahme der Landwirtschaft oder ein zunehmender Trinkwasserbedarf unserer wachsenden Bevölkerung, sind hierbei noch gar nicht eingerechnet. Alles in allem wird es zu negativen Auswirkungen für die Wasserversorgung, Landwirtschaft, Ökosysteme wie Feuchtgebiete und Wälder sowie weitere wasserbezogene Nutzungen, wie zum Beispiel der Schifffahrt, kommen. 

Was heißt das für unsere Zukunft?
Zukünftig werden für eine sichere Wasserversorgung eine zusätzliche Infrastruktur zum Sammeln, Speichern und Nutzen von mehr Niederschlagswasser und Schnee essenziell sein. Folglich wird es zu weiteren Gesetzen des Staates und Bauvorschriften der Kommunen kommen: Städte könnten sich dahingehend verändern, dass mehr Regenwasser gesammelt und als Brauchwasser genutzt werden muss. Darüber hinaus könnte Brauchwasser auch in weiteren Bereichen, wie zum Beispiel in Kühlsystemen von Fabriken, vorgeschrieben werden. In ländlichen Gegenden wiederum könnten noch mehr unversiegelte Bodenflächen, die Regen aufnehmen und in die Grundwasserschichten leiten, zur Pflicht werden. Außerdem könnte es verstärkt zu einer Kanalisierung des ablaufenden Wassers in Seen und Stauseen kommen.

Nachhaltigkeit lohnt sich
Wie auch immer die zukünftigen Vorgaben ausfallen: Extreme wie Starkregen, Hochwasser und Sturzfluten als auch Trockenheit, Dürre und Niedrigwasser stellen eine zentrale Gefahr für unseren Wasserhaushalt dar. Es macht also durchaus Sinn, sich bereits heute darauf einzustellen und beim Bau eines Hauses von Regenwasserspeicherung und -nutzung über bestmögliche Versickerungslösungen bis hin zu Begrünung von Dächern und Fassaden vorzusorgen. Das rechnet sich auch in mehrfacher Hinsicht für jeden Einzelnen: Sie ersparen sich zu viel als auch zu wenig Wasser auf Ihrem Grundstück und sind somit ein wenig vor den steigenden Gebühren und Verbrauchskosten rund um Ihren „Wasserhaushalt“ geschützt.

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